Rennrad auf Tubeless umrüsten

Rennrad auf Tubeless umrüsten

Ein Tubelesssystem hat, abgesehen vom erhöhten Aufwand, fast nur Vorteile. Du kannst mit weniger Luftdruck fahren und fährst dadurch komfortabler und mit weniger Rollwiderstand. Früher war die Annahme, dass möglichst viel Luftdruck einen geringen Rollwiderstand bedeutet. Doch diese Annahme ist heute widerlegt, denn Vibrationen kosten Watt. Zu wenig Luftdruck erhöht den Rollwiderstand, zu viel Luftdruck erhöht aber auch den Rollwiderstand. Der optimale Luftdruck ist von vielen Faktoren abhängig, auf die ich jetzt in diesem Artikel aber nicht näher eingehen werde. Ein Tubelesssystem ermöglicht dir aber, diesen optimalen Luftdruck zu fahren, ohne einen Snakebite (Durchschlag) zu bekommen.

In diesem Artikel werde ich dir nicht nur die erläutern, wie man den Reifen umrüstet (dazu gibt es genügend Artikel und Videos zu), du wirst später auch wissen, wie der Reifen richtig dicht wird und so gut wie keine Luft mehr verliert. Umso sorgfältiger du hier arbeitest, desto besser wird später dein Ergebnis sein.

Schritt 1: Tubeless-Felgenband kleben

Wenn du dein Felgenband nicht selbst geklebt hast, dann klebe es selbst neu. Nur dann kannst du dir sicher sein, dass es sorgfältig geklebt wurde. Außerdem gibt es Felgen, die zwar Tubeless geeignet sind, aber erst nachdem das Felgenband getauscht wurde (z.B. Fulcrum „2Way – Fit™ Ready“). Reinige das Felgenbett mit Isopropanol und entferne alle Verschmutzungen, Aufkleber und Klebereste. Anschließend klebst du neues Felgenband in die Felge. Du fängst etwa 10 cm vor dem Ventilloch an und hörst 10 cm hinter dem Ventilloch auf. Das Ventilloch ist also doppelt mit Felgenband überklebt. Ich empfehle dir übrigens dieses Felgenband von Tesa (Amazon Affiliate Link). Das Felgenband ist relativ fest und steif, aber mit genügend Zug schmiegt es sich sauber in die Felge. Für meine Felge mit 19 mm Innenbreite habe ich 25 mm breites Felgenband verwendet. Auf der Rolle befinden sich 66 Meter. Wenn dein erster Versuch nicht sauber wird, dann hast du genügend Meter um den Prozess zu wiederholen. Das Felgenband sollte später so in der Felge liegen:

Mit den Fingern streichst du dann noch über das Felgenband, so dass es auch wirklich überall schön eng anliegt. Wichtig sind auch die Kanten, dass dort später keine Dichtmilch runter läuft.

Schritt 2: Reifen waschen

Ein neuer Tubeless-Mantel sollte immer mit Seifenwasser (z.B. Spülmittel) ausgewaschen werden, damit später die Dichtmilch besser am Material haften bleibt. Wenn hier noch Rückstände aus der Produktion vorhanden sind, wird der Abdichtungsprozess verlangsamt.

Schritt 3: Ventil montieren

Die Öffnung für das Ventilloch schmilzt du am besten mit einem heißen Schraubendreher in das Felgenband. Wenn du die Öffnung mit einem Cuttermesser schneidest, besteht die Gefahr, dass der Schnitt größer wird und du eine undichte Stelle bekommst. Das Tubelessventil steckst du nun in die Öffnung und ziehst die Ventilmutter ohne Werkzeug fest. Mit einer Zange geht es natürlich fester, aber dadurch kann die Dichtung versagen oder deine Felge beschädigt werden.

Schritt 4: Reifen montieren

Am besten montierst du den Tubelessreifen ohne Reifenheber, damit der Reifen nicht beschädigt wird. Wenn man weiß wie, dann ist es auch wirklich einfach. Fange auf der gegenüberliegenden Seite vom Ventil an und achte darauf, dass der Reifen mittig im Felgenband liegt. Dann hast du auf der anderen Seite genügend Luft, damit du ihn ohne Reifenheber über die Felge stülpen kannst. Wenn es nicht flutscht, dann kannst du die Reifenwulst mit Montagefett oder Seife benetzen. Wenn der Reifen auf der Felge sitzt, dann pumpst du ihn mit einer Standpumpe oder CO2-Kartusche so weit auf, bis die Reifenwulst in das Felgenhorn rutscht. Dies erkennst du am lauten ploppen, welches du ca. 3 Mal hören wirst. Am Kontrollstreifen siehst du, ob der Reifen gleichmäßig sitzt. Sollte es dir nicht gelingen den Reifen aufzupumpen, dann könntest du die Schlauchmethode probieren. Hier nimmst du das Tubelessventil wieder raus und montierst einen Fahrradschlauch, welchen du so weit aufpumpst, bis der Reifen in das Felgenhorn rutscht. Nach 1-2 Stunden lässt du die Luft aus dem Reifen und drückst du Reifen nur von einer Seite aus dem Felgenhorn und hebst ihn mit einem Reifenheber vorsichtig über die Felgenwand. Achte darauf, dass die andere Seite weiter im Felgenhorn bleibt. Nun wieder das Tubelessventil montieren, Reifen aufziehen und pumpen. Nun sollte es funktionieren.

Schritt 5: Tubelessreifen mit wenig Dichtmilch befüllen

Jetzt kommt ein Punkt, der einen leider viel zu selten vermittelt wird. Um den Reifen richtig dicht zu bekommen, solltest du das Innere noch nicht mit Dichtmilch fluten. Besser sind erstmal 10 – 20 ml, die du in den Reifen füllst. Pumpe den Reifen auf und achte auf die Stellen, aus denen die Luft raus zischt. Hier lässt du gezielt die Dichtmilch hinlaufen und wirst schnell merken, dass die Luft nicht mehr zischt. Nun drehst und schwenkst du den Reifen etwas und lässt ihn dann einen Tag ruhen. Nun wieder ein wenig Dichtmilch nachfüllen, Reifen drehen und schwenken und ruhen lassen. Du musst hier etwas nach Gefühl vorgehen. Das Ziel ist, dass die Innenwand komplett mit Dichtmilch benetzt wird und antrocknen kann. Die Milch sollte nicht ständig von nasser Dichtmilch weggespült werden. Deshalb nicht zu viel drehen und schwenken, aber auch nicht zu wenig. Achte darauf, dass du immer schön Luft nachpumpst, damit im Reifen auch ein Luftaustausch stattfindet und die Dichtmilch trocknen kann. Diese Prozedur ist wichtig, damit die Dichtmilch den Reifen richtig abdichten kann. Wenn du den Reifen ständig drehst und die Dichtmilch immer nass hältst, wird es länger dauern, bis der Reifen dicht ist. Wenn der Reifen den Druck hält, kannst du die restliche Dichtmilch einfüllen.

Schritt 6: Pannenschutz herstellen

Dein Reifen ist jetzt abgedichtet, hat aber noch keinen Pannenschutz. Um einen Pannenschutz herzustellen, benötigst du im Reifen flüssige Dichtmilch, die, sobald ein Loch entsteht, dieses verschließen kann. Die einzufüllende Menge findest du in der Regel auf der Verpackung.

Fertig.

Tubeless verliert Luft – Fehlersuche

Manchmal kann es passieren, dass der Reifen einfach nicht dicht werden will. Am ehesten kannst du den Fehler finden, wenn du das Laufrad unter Wasser hältst. Bisher habe ich bei mir zwei Fehler beobachten können.

Luft entweicht durch die Reifenflanke

Wenn die Luft beim einem Tubelessreifen durch die Reifenflanke entweicht, kannst du versuchen den Reifen schräg zu halten und die Dichtmilch dort gezielt hinlaufen zu lassen. Dies kann ein langwieriger Prozess und manchmal auch ein aussichtsloser Prozess sein. Ich hatte den Fall, dass ein Reifen ca. 0,5-0,7 Bar pro Tag an Luft verloren hat, den ich im Endeffekt dann auch reklamiert habe.

Luft entweicht durch das Ventilloch

Entweicht die Luft durch das Ventilloch, dann kann das mehrere Ursachen haben. Das Problem ist allerdings erstmal, dass aus dem Ventilloch keine Luftbläschen aufsteigen werden. Ist die Luft in der Hohlkammer der Felge, dann ist das Ventilloch für die Luft zwar der leichteste Weg zum Entweichen, aber nur solange kein Wasser im Spiel ist. Sobald du den Reifen unter Wasser hältst, wird Wasser in Hohlkammer eindringen und die Luft sucht sich einen anderen Weg, z.B. über die Speichenlöcher. Folgende Ursachen kommen für mich in Betracht:

  1. Möglicherweise ist das Felgenband nicht sauber geklebt oder defekt. Gerade bei Alufelgen können die Speichenlöcher scharfkantig sein oder noch einen Grat haben. Wenn du nun Luft in den Reifen pumpst, dann könnte das Felgenband durch den hohen Druck beschädigt werden. In diesem Fall hilft es nur, wenn du das Felgenband erneuerst und dann besser eine zweite Lage klebst.
  2. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Übergang von Felge zum Ventil undicht ist. Hier gibt es aber einen ganz einfachen Trick. Du pumpst den Reifen normal auf, löst die Ventilmutter und drückst das Ventil etwas in die Felge rein. Mit etwas Gefühl positionierst du das Ventil so, dass du ein leichtes Zischen hörst. Die Luft soll also langsam entweichen. Dann drehst du das Laufrad solange, bis die Dichtmilch abdichtet und das Zischen aufhört. Anschließend ziehst du das Ventil wieder zurück und ziehst die Ventilmutter fest an. Bei mir hat es geholfen, dass ich die Ventilmutter mit den Fingern so fest angezogen habe, wie die Schmerzen der Fingerkuppen es hergegeben haben und ich die Ventildichtung mit einer Zange noch eine zusätzliche Umdrehung tiefer in die Felge gezogen habe. Zu fest darfst du die Ventilmutter hier aber nicht abknallen, sonst verbiegt sich deine Felge. Außerdem solltest du die Ventilmutter einen Tag später wieder lösen und handfest festdrehen, damit du im Falle einer Panne nicht auf eine Zange beim Lösen angewiesen bist.

Mit den oben genannten Tipps verliert mein Schwalbe G-One Speed pro Woche ca. 0,3 Bar an Luft und liegt damit auf Schlauchniveau.

Hast du deine Reifen schon auf Tubeless umgestellt und wie bist du vorgegangen? Hat dir dieser Artikel dabei geholfen? Schreib es gerne in die Kommentare!


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